Begleite Fortsetzungsromane bei ihrer Entstehung!
 
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2 Bruderliebe

"Was war das denn eben?", empfing mich Stella grinsend, als ich eine halbe Stunde später zum Zelt zurückkam.
"Was denn?" Ich tat unschuldig. Ich hatte gehofft, dass sie es möglicherweise nicht mitbekommen hatte. Pech gehabt! Ich kauerte mich mit dem Spüleimer auf den Boden, um das saubere Plastikgeschirr in die Campingküche einzuräumen. Stella ließ nicht locker und hockte sich neben mich.
"Na, der süße Typ gerade, der dir geholfen hat. Das hast du doch mit Absicht gemacht, oder?" Sie zwinkerte mir zu. Ich schnaubte, verdrehte die Augen und räumte weiter ein. "Ich wünschte, es wäre so!" Stella kicherte und hielt sich dabei die Hand vor den Mund. "Dein Ernst? Du hast aber auch ein Glück. Stolperst über deine eigenen Füße und bekommst Hilfe von einem engelsgleichen Typen."
Mit einem Seufzer kämpfte ich mich wieder in die Höhe. "Das ist sowieso die beste Ironie des Tages", grummelte ich. "Er heißt Angelo."
Stella sprang auf und quiekte wie ein Teenager. "Aber immerhin kennst du schonmal seinen Namen." Sie stemmte die Hände in die Hüften. "Und wie geht es jetzt weiter?"
Ich verließ das stickige Zelt, ließ mich in einen Gartenstuhl unter den riesigen Sonnenschirm plumpsen und griff nach meiner Wasserflasche. "Wie weiter? Was meinst du?" Ich setzte an und trank ein paar Schlucke.
"Der Typ ist supersüß und scheint dich zu mögen, zumindest auf den ersten Blick. Willst du ihn denn gar nicht wiedersehen? Deine Chance auf einen heißen Urlaubsflirt!"
Ich seufzte wieder. Machmal ging mir Stella mit ihrer Kuppelei echt auf die Nerven - auch wenn sie es nur gut meinte. Aber in jedem einigermaßen akzeptabel aussehendem Typen sah sie sofort die Gelegenheit für mich. Als ob ich es so nötig hätte! Zugegeben, Angelo war weitaus mehr als nur akzeptabel. Und bei dem Gedanken daran flatterten auch schon wieder die Schmetterlinge. Diese lästigen Viecher!
„Aber wir sind doch gerade erst seit einem Tag hier", versuchte ich, mich rauszureden. Stella hob die Schultern. "Ja und?"
"Außerdem weiß ich doch gar nicht, wo der sich überall rumtreibt. Er war auf dem Weg zum Strand. Vielleicht hat er den Campingplatz nur als Durchgang benutzt und gehört hier gar nicht hin."
Stella verdrehte die Augen. "Du weißt schon, dass für Nichtcamper hier der Durchgang verboten ist, wenn sie nicht angemeldet sind, oder?", erinnerte sie mich. "Also hat er irgendwas mit dem Platz hier zu tun", schlussfolgerte sie und grinste breit. "Und die Chance, ihn wiederzusehen, ist damit verdammt hoch." Genüsslich lehnte sie sich im Gartenstuhl zurück und sah mich mit schiefem Kopf an.
"Kann sein", kommentierte ich teilnahmslos. Ich wollte darüber nicht weiter sinnieren, denn das hätte Stella nur weiter angestachelt. So wie ich sie kannte, legte sie ohnehin schon einen Plan für mich zurecht, wie Angelo mir verfallen sollte. Widerstand war absolut zwecklos! Ich setzte noch ein wenig auf Dave, der durchaus etwas dagegen hatte, mich mit wildfremden Männern zu verkuppeln. Nur konnte er sich bei Stella diesbezüglich selten durchsetzen.
In dem Moment kam Dave nass und mit tropfenden Haaren zum Zeltplatz zurück. Er hatte nach dem Frühstück beschlossen, den platzeigenen Pool zu testen.
Dave beschwerte sich öfter im Spaß bei mir, dass die Mädels an der Uni ihm so hinterhergafften und ihn bei jeder Party dabeihaben wollten. Aber bei seiner Erscheinung konnte ich auch verstehen, wieso. Er war der Inbegriff des Beachboys: groß, schlank und trainiert, blonde, leicht verwegene Haare und strahlende grüne Augen. Bereits nach einem Tag italienischen Sonnengenusses war er braungebrannt und seine Züge wirkten noch freundlicher als ohnehin schon. Er gehörte zu dem Typ Mann, wo Mädels sagten: "Der sieht so gut aus und wirkt so cool, der muss irgendwo einen Haken haben." Meiner Meinung nach musste man da lange suchen. Aber was soll ich sagen, er war ja auch mein Bruder.
Ich fand, Stella und Dave waren füreinander geschaffen. Jedesmal freute ich mich für sie, wenn ich sie zusammen sah und Dave - so wie jetzt - seine Freundin neckte. Er joggte von hinten an sie heran und schüttelte seine Haare über ihrem Kopf aus.
"Iiihhh", quietschte sie und bewarf ihn mit dem Badetuch, was vor uns auf dem Tisch gelegen hatte.
"Wie war's?", erkundigte ich mich, während Dave sich durch die Haare wuschelte.
"Cool", erwiderte er. "Ziemlich groß. Es wird also nicht so voll, dass man wie die Sardinen in der Büchse im Wasser stehen muss. Und gut bewacht. Da läuft immer irgendjemand rum und passt auf." Sicherheit war für ihn das Wichtigste, gerade wenn es um seine kleine Schwester ging. Manchmal konnte sein Beschützerinstinkt echt anstrengend werden.
"Hier war es auch spannend", begann Stella und grinste mich frech an. Ich aber machte nur die Augen groß, mahlte energisch mit dem Kiefer und schüttelte langsam den Kopf. Stellas Grinsen verschwand, denn sie kannte diesen Ausdruck. Es war quasi mein wortloses Wenn-du-was-erzählst-stirbst-du-Gesicht. Dave musste nicht alles wissen. Allerdings hatte Stella jetzt eine spannende Sache angedeutet, also musste sie auch mit etwas aufwarten.
Sie entschied sich für das kleinste Übel. "Franka hat sich auf dem Weg zum Spülen langgelegt."
Ich seufzte. Und richtig - es ging los.
"Was? Wo?" Dave warf das Handtuch beiseite und war mit einem Hechtsprung bei mir. "Drüben auf dem Kiesweg", berichtete ich brav. Andernfalls hätte er sowieso keine Ruhe gegeben. Er nahm mir meine Wasserflasche aus der Hand und stellte sie auf dem Tisch ab. Dann ergriff er meine Hände und drehte sie mit den Handflächen nach oben. Klar, er wollte sich die Handballen ansehen. Wiederholt verfluchte ich innerlich, dass er sich für das Medizinstudium entschieden hatte. Manchmal glaubte ich, dass das in erster Linie wegen mir gewesen war.
Neben ein wenig Schmutz entdeckte er eine leichte Schramme an meiner rechten Hand. "Ich hol dir eine Salbe dafür", verkündete er und legte so vorsichtig meine Hand auf meinem Bein ab, als hätte ich sie mir gebrochen. "Dave, es ist okay", protestierte ich, aber er war schon verschwunden. Ich warf Stella einen hilfesuchenden Blick zu, aber sie seufzte nur und zuckte mit den Schultern. Was sollte sie auch machen?
Mit einem kleinen Klecks Salbe auf dem Zeigefinger kam Dave zurück, nahm meine Hand wieder auf und tupfte die Creme vorsichtig auf die Schramme auf. Dann widmete er sich meinen Knien, die aber unversehrt waren. Gott sei Dank!
Er legte zwei Finger unter mein Kinn und sah mich prüfend an. "Sonst alles okay, Süße?" Ich nickte und seufzte tief. "Ja, sagte ich doch." Er strich mir einmal über die Wange und lächelte entwaffnend. Irgendwie war es ja auch wieder süß, wie er sich um mich sorgte.




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